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Veröffentlichungsdatum: 
10.03.2017
Stefan Kukla und Amelie Mertin von Querfeld, Foto:Vasiliki Mitropoulou
Jedes der insgesamt 30 NaWi-Projekte arbeitet mit Praxispartnern – oft sind sie lediglich Unterauftragnehmer, agieren teilweise aber auch als gleichberechtigte Partner im Projekt. Anlässlich der 2. Vernetzungs- und Austauschkonferenz haben wir zwei Projektpartner nach ihren Erfahrungen und Einschätzungen gefragt.

Die Projekte:
Der Forschungsverbund COWERK untersucht am Beispiel offener Werkstätten, wie sich in der Produktion kollaborative Wirtschaftsformen herausbilden. Das Vorhaben versteht offene Werkstätten als „Reallabore“ für gemeinschaftliche Arbeit, in denen Personen der Zugang zu Fertigungstechnologien ermöglicht wird und Erfahrungen und Know-how ausgetauscht werden.

Das Projekt nascent untersucht, wie ökologisch orientierte unternehmerische und Selbstversorgungsinitiativen zu einer nachhaltigen Transformation der Ernährungswirtschaft beitragen können. Ca. 30 Praxispartner kooperieren im Rahmen von nascent. Querfeld ist einer davon.

Die Praxispartner:
Der Verbund offener Werkstätten fördert als Dachverband Strukturmaßnahmen zum Betrieb offener Werkstätten und bietet seinen Mitgliedern beispielsweise eine Plattform im Internet, einen Rahmenvertrag für Haftpflichtversicherungen sowie Workshops zur Vereinsgründung und Netzwerkveranstaltungen an. Er wurde 2009 gegründet. Matthias Röder betreibt neben seiner Arbeit für den Verbund bzw. COWERK eine eigene offene Werkstatt in Dresden namens #Rosenwerk.

Querfeld beliefert Kantinen, Caterings und Manufakturen in Berlin und München mit Obst und Gemüse in Bio-Qualität, das wegen kleiner „Schönheitsfehler“ nicht den Weg in Supermärkte findet. Das kleine Bio-Unternehmen mit Sitz in Berlin wurde 2016 mit dem GreenTec Award sowie dem Bundespreis "Zu gut für die Tonne" ausgezeichnet.

Wie sind Sie zu Ihrem Projekt gestoßen?

Matthias Röder: Da muss ich ein bisschen ausholen: Das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) veröffentlichte 2014 eine Studie, in deren Rahmen untersucht wurde, ob 3-D-Druck nachhaltiger ist als der klassische Druck. Im Ergebnis zeigte sich, dass die neuartige Art des Druckens zwar mehr Ressourcen verbraucht, aber dafür soziale Innovationen ermöglicht, zum Beispiel in Offenen Werkstätten, wo häufig 3-D-Druck angeboten wird – und das ist auch ein wichtiger Nachhaltigkeitsaspekt. COWERK entstand als eine Art Spin-off dieses Vergleichsprojekts und sprach uns im Rahmen einer vorbereitenden Recherche an, ob wir mitmachen wollen. Deswegen waren wir von Anfang an mit dabei.

Stefan Kukla: Über die Universität: Meine ehemalige Professorin Cordula Kropp engagierte mich als studentische Hilfskraft für nascent, bei dem sie als Co-Leiterin fungiert. Parallel arbeitete ich bereits für Querfeld. Beides passte gut zusammen, und so sind wir seit Juli 2015 Partner im Projekt.

Beschreiben Sie kurz die bisherige Zusammenarbeit im Projekt - konnten Sie bereits davon profitieren?

Matthias Röder: Wir waren von Beginn an ein gleichberechtigter Partner, waren an der Formulierung des Antrags beteiligt und ebenso an einer Umfrage, bei der es darum ging, welches Wertschöpfungsmodell in der jeweiligen Werkstatt praktiziert wird. Generell fungieren wir als Schnittstelle zwischen Forschung und weiteren Akteuren und sind der zentrale Ansprechpartner für beide Seiten. Profitieren konnten wir insbesondere von einem Workshop im Rahmen des Jahrestreffens unseres Verbundes im Jahr 2015, den wir gemeinsam mit dem Fraunhofer ISI veranstalteten. Dabei ging es um Zukunftsmodelle für offene Werkstätten. Das war eine sehr gute Zusammenarbeit, von der wir vor allem im Hinblick auf unser Selbstverständnis profitiert haben.

Stefan Kukla: Wir tragen als Interviewpartner im Rahmen von qualitativen und quantitativen Interviews zur Datenbasis von nascent bei. Profitieren konnten wir bisher vor allem vom Praxispartner-Workshop, der im Sommer 2016 in Kassel stattfand. Dort konnten wir uns mit anderen Praxispartnern vernetzen und mit etablierten Unternehmen in Kontakt treten – zum Beispiel Tagwerk, einem Naturkostgroßhandel und süddeutschen Ökopionier. Deren Infrastruktur konnten wir einige Male nutzen und haben ihnen auch schon mal Produkte abgenommen. Auch die Teilnahme an der Austauschkonferenz in Halle fand ich eine tolle Möglichkeit, um mit anderen Praxispartnern in Kontakt zu kommen.

Haben Sie Empfehlungen, wie man die Zusammenarbeit bzw. Beteiligung an Forschungsprojekten noch leichter bzw. relevanter machen kann für Praxispartner?

Stefan Kukla: Es wäre hilfreich, über eine Art Plattform eine Übersicht über alle Praxispartner auf einen Blick zu bekommen. Sie sollte nach Projekten gegliedert und mit jeweils einer Ansprechperson versehen sein. Es gibt doch viele Parallelen zwischen den Praxispartnern – auf so einer Plattform könnte man sich leichter finden.

Matthias Röder: Die Praxispartner sollten möglichst früh in die Projektplanung eingebunden werden, denn sie können beispielsweise für den Antrag wertvolle Anregungen geben. Generell empfehle ich, die Erfahrungsräume der Zusammenarbeit zu erweitern. Wissenschaft und Praxis haben normalerweise wenige Einblicke in die jeweils andere Welt, und so ein Projekt sollte für Erfahrungen in diesen anderen Welten genutzt werden – das kann für beide Seiten überaus nützlich sein.

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich nach Abschluss des Projekts?

Stefan Kukla: Einen umfassenden Überblick über den Status quo, inwieweit wir die Ernährungswirtschaft positiv beeinflussen konnten, sowie mögliche Perspektiven und Szenarien für die Zukunft. Außerdem bin ich gespannt, mehr über die Interessen der anderen Akteure zu erfahren, die bei nascent mitmachen.

Matthias Röder: Das eigene Handlungsfeld mal aus einer anderen Perspektive zu sehen, durchaus auch kritisch! Spannend finde ich es auch, das, was man tagtäglich macht, in gesellschaftliche Theorien eingebettet zu sehen. Uns bietet die Teilnahme bei COWERK eine zusätzliche Legitimation des eigenen Handels, die den offenen Werkstätten gegenüber Dritten – politischen Akteuren, Stadt bzw. Kommune, Verwaltung und private Fördermittelgeber – eine andere Wertigkeit verschafft: Die Forschung liefert uns Argumente, warum das, was wir machen, gut und unterstützenswert ist.