Automobilität ist in der Bundesrepublik Deutschland sowohl wirtschaftlich als auch sozial und kulturell verankert. Aufgrund der ökonomischen Erfolge und Bedeutung haben sich im Laufe der Jahrzehnte wirkungsmächtige Strukturen, Beziehungen und Verhältnisse herausgebildet, die grundlegende Veränderungen hemmen. Der neue Bericht „Automobilität im Wandel“ aus dem Evolution2Green-Projekt untersucht die daraus bestehenden Pfadabhängigkeiten und Möglichkeiten zu deren Überwindung.
Wichtige Pfadabhängigkeiten, welche den Wechsel zur grünen Automobilität bzw. Mobilität behindern, umfassen rechtliche (v.a. im Bereich Steuerpolitik und der Straßenverkehrsordnung), ökonomische (Umsätze, Arbeitsplätze und Investitionen), und technologische Aspekte (die „Fixierung der Entwicklungsingenieure auf den Verbrennungsmotor“). Hinzu kommt, dass die Automobilindustrie über Produktion, Handel, Service, Straßenbau und Marketing etwa 1,8 Mio. Arbeitsplätze in Deutschland bietet. Darüber hinaus stellt ein eigenes Auto für sehr viele Menschen in zahlreichen gesellschaftlichen Milieus mehr als nur pure Funktionalität (Mobilität) dar, sondern auch einen Lebensstil. All diese Pfadabhängigkeiten formen ein komplexes System und tragen dazu bei, dass Mobilität in Deutschland von motorisiertem Individualverkehr, noch dazu fast durchweg mit Verbrennungsmotoren, dominiert wird.
Um solche Pfadabhängigkeiten zu überwinden bedarf es besonderer Anstrengungen, die aufgrund verschiedener aktueller Megatrends – nicht zuletzt der Digitalisierung – erfolgreicher sein könnten als bisher. Der Bericht stellt drei Transformationsansätze vor, welche die Automobilität grundsätzlich verändern können oder bereits dabei sind, dies zu tun.
- Carsharing basiert sich auf dem Konzept Nutzen statt Besitzen. Im Jahr 2016 gab es circa 150 deutsche Carsharing Anbieter, bei denen 1.260.000 Teilnehmer registriert waren. Jedoch muss beachtet werden, dass die Nutzung dieser neuen Konzepte in Relation zur Nutzung normaler PKWs immer noch äußerst gering ist.
- Autonomes Fahren und das vernetzte Auto gilt als der nächste grundlegende technologische Wandel in der Automobilität. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass Nutzer zunehmend bereit sind, sich auf das autonome Fahren einzulassen und dafür auch Geld zu zahlen. Das benötigt neben einem Paradigmenwechsel in der Autoindustrie auch entsprechende technologische und gesetzliche Rahmenbedingungen, um zu einer Green Economy beizutragen.
- Multimodale Mobilität steht für die Kombination verschiedener Verkehrsmittel auf einem Weg und bezeichnet das einfache Wechseln von Verkehrsmitteln im Alltag. In Großstädten setzt sich eine multimodale Verkehrspraxis zunehmend durch, aber für eine integrierte Mobilität bedarf es der Vernetzung großer Datenbanken und Echtzeitdatenverarbeitung.
Die im Bericht beschriebenen Transformationsansätze weisen unterschiedliche Merkmale zu ihrer weiteren Verwirklichung und Verbreitung auf. Ein Paradigmenwechsel vom Autokauf hin zum Kauf einer „Dienstleistung Mobilität“ steht für manche gesellschaftlichen Milieus offenbar bevor und setzt somit wohl auch das gesamte Automobilitätssystem unter Veränderungsdruck. Anknüpfend an den Trends dahinter, welche die Automobilität herausfordern, lassen sich erste Handlungsempfehlungen an staatliche Politik richten, zielgerichtete und wirkungsvolle Rahmenbedingungen zu schaffen. Dadurch könnte sich vor allem die jüngere und urbane Generation langsam aber sicher vom herrschenden Autoleitbild befreien und attraktiven, nachhaltigen Mobilitätsalternativen zuwenden.
Der Bericht „Automobilität im Wandel“ von Evolution2Green kann ist hier verfügbar: https://evolution2green.de/sites/evolution2green.de/files/documents/2017-01-automobilitaet_im_wandel_izt.pdf
Bild: (CC0) Tim Gouw via Pexels.com