Standardsetzung – eine Chance für mehr Nachhaltigkeit?
Mineralische Rohstoffe werden auf dem Markt nahezu ausschließlich aufgrund ihrer Qualität bewertet und gehandelt. Informationen zu Herkunft und Umständen der Förderung und zur Aufbereitung werden dabei nicht generell in der Lieferkette kommuniziert oder gehen im Zuge der globalen Verarbeitung verloren. Für Unternehmen, die unter hohen Umwelt- und Sozialstandards produzieren, bedeutet dies einen Wettbewerbsnachteil. Diese Leistungen sind systembedingt wenig sichtbar und werden dementsprechend nicht honoriert. Auf der anderen Seite ist bei Produzenten und Verbrauchern mittlerweile immer öfter ein Umdenken festzustellen. So fragen Endkunden verstärkt nachhaltige Produkte nach und Anleger sind auf der Suche nach nachhaltigen Geldanlagen.
Entsprechend gibt es verschiedene Interessen, Markttransparenz zu fördern und Informationen zu Umwelt- und Sozialleistungen sichtbar zu machen. Eine Möglichkeit sind hier Standardsetzungssysteme, deren Einhaltung vom Unternehmen selbst oder durch Dritte nachprüfbar ist. Bisher gibt es solche Systeme im Bereich mineralischer Rohstoffe beispielsweise in Bezug auf die Konfliktfreiheit von einigen Rohstoffen, für ausgewählte hochwertige Rohstoffe wie Gold und Diamanten und für bestimmte Baurohstoffe.
Projektziele
Ziel des Projektes ist es, Optionen für ein System (Standardsetzung, Zertifizierung etc.) zur Darstellung und Prüfung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Gewinnung und Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen zu untersuchen sowie Machbarkeit und Akzeptanz zu prüfen. Dabei sollen insbesondere die Auswirkungen und Chancen für die beteiligten Akteure untersucht werden. Dazu zählen auf der einen Seite zum Beispiel Bergbauunternehmen in Deutschland, die verarbeitende Industrie sowie Finanzunternehmen und Anleger mit Interesse an nachhaltigen Geldanlagen, auf der anderen Seite aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher.
Folgende Aspekte werden betrachtet:
- Akzeptanz bei Stakeholdern
- Hebelwirkung für eine nachhaltige Entwicklung
- Praktikabilität für eine Vielzahl von mineralischen Rohstoffen
- Kosteneffizienz in der Umsetzung
- Innovationsfreundlichkeit
- Vermeidung negativer Auswirkungen, z. B. für KMU oder den Kleinbergbau
Ein komplexes Thema, Konsens gesucht
Aufgrund der themenübergreifenden Bedeutung für wissenschaftliche Erkenntnisse und der hohen Praxisrelevanz setzt der Forschungsansatz auf eine transdisziplinäre Vorgehensweise. Ausgangspunkt bilden die Erfahrungen mit Systemen in anderen Bereichen. Dazu zählen beispielsweise Zertifizierungen für Holz, Fisch oder Baustoffe sowie bestehende Systeme zur Standardsetzung, insbesondere im Bereich mineralischer Rohstoffe (z.B. FairMined, Fair Stone). Voraussetzung für ein erfolgreiches System ist eine hohe Akzeptanz bei allen Stakeholdern. Um dies zu erreichen, steht im Kern des Projekts ein Multi-Stakeholderprozess. Dieser dient dazu, die Interessen der www.bmbf.de Anspruchsgruppen (z. B. NGOs, Unternehmen, Staat) in Erfahrung zu bringen, einen Konsens zu finden und Akzeptanz zu fördern. Für die Umsetzung werden regelmäßig Workshops durchgeführt und nach wissenschaftlichen Standards ausgewertet. Die Ergebnisse des Projekts sollen in einem Dokument der Normung (DIN SPEC) festgehalten werden.
Um das Projekt mit fundiertem Expertenwissen zu begleiten lenken, wurde ein Beirat aus Vertretern aus Industrie, Nichtregierungsorganisationen, staatlichen Institutionen und Interessenverbänden aus den Bereichen Rohstoff und Bergbau etabliert.
Prof. Dr. Michael Hiete, Universität Ulm, Professur für Wirtschaftschemie