hintergrundbild

Ausgangssituation und Forschungsfragen

Laut der 2007 in Kraft getretenen EU-Chemikalien-Verordnung REACH hat die Industrie sicherzustellen, dass Chemikalien nur auf den Markt gelangen, wenn sie „die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht nachteilig beeinflussen“. Will man diese Ziele erreichen, ergeben sich Herausforderungen aus der Vielzahl existierender „problematischer“ Stoffe mit (öko)toxischem Gefährdungspotenzial sowie möglicher Stoff-Produkt-Kombinationen. Die Möglichkeiten staatlicher Akteure, generelle Verbote und Beschränkungen auszusprechen, reichen für die Zielerfüllung alleine nicht aus. Oft wissen Konsumentinnen und Konsumenten nicht, welche problematischen Stoffe in Produkten verarbeitet werden.

Eine zielführende Handlungsalternative kann also darin bestehen, die Transparenz bezüglich problematischer Inhaltsstoffe von Produkten zu steigern. Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher ihr Kaufverhalten verstärkt danach ausrichten, welche Stoffe in Produkten wie Kosmetika, Textilien, Möbel etc. enthalten sind, reagiert der Handel, indem er sein Angebot anpasst. Daraus entstehen Impulse, die vom Endverbraucher ausgehend entlang der Wertschöpfungskette Anreize zum Austausch von problematischen Stoffen bei den Produkten und auch bei den Stoffproduzenten freisetzen. Darüber hinaus werden gesellschaftliche Such- und Lernprozesse in Gang gesetzt.

Projektziele und zu erwartende Ergebnisse, geplante Umsetzungsstrategien

Das erwähnte Anreizsystem kann sich nur dann voll entfalten, wenn ein „Brückenschlag“ vollzogen ist, der die aus wissenschaftlichen oder regulatorischen Kontexten stammenden Informationen zu problematischen Stoff- und Produkteigenschaften überhaupt erst für die Verbraucherinnen und Verbraucher erschließt. Zu diesem Zweck entwickelt das Vorhaben Lösungen. Den Untersuchungsrahmen bildet dabei die REACH-Verordnung. Mit dieser hat der Normgeber ein Regelungssystem geschaffen, das die Transparenz von Stoffen mit Gefährdungspotenzial gegenüber der Öffentlichkeit im Allgemeinen und den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Speziellen erhöhen soll. Damit setzt das Regelwerk, ergänzend zu weiteren ordnungsrechtlichen Mechanismen, auf die genannten transparenzinduzierten Marktimpulse. Diese sind bislang jedoch auf die bloße Bereitstellung von Produktinformationen begrenzt. Im Rahmen des Vorhabens ist daher zu klären,

  • wie sich sicherstellen lässt, dass die durch REACH gesammelten Informationen über problematische Stoffeigenschaften für die Verbraucherinnen und Verbrauchern fruchtbar gemacht werden können
  • inwieweit die Verbraucherinnen und Verbraucher von den durch REACH eröffneten Informationsmöglichkeiten Gebrauch machen müssen, damit eine Verhaltensänderung auf Seiten der Akteure in der Stoff-Wertschöpfungskette eintritt
  • welche institutionellen Innovationen - etwa neue www.bmbf.de Kooperationsformen verschiedener Akteure oder internetgestützte Plattformen - einen Beitrag zur Erreichung der normativen Ziele leisten können und schließlich
  • wie REACH ggf. zu verändern bzw. durch nationale Regeln zu ergänzen ist, um die Informationsbereitstellung zu erleichtern und Zugangshemmnisse der Verbraucher effektiv zu senken

Im Sinne von „Reallaboren“ begleitet das Vorhaben verschiedene zumindest in der Erprobung befindliche Informationsinstrumente und evaluiert diese mithilfe eines breiten Spektrums sozialwissenschaftlicher Methoden, um Gestaltungsoptionen für das REACH-System und dessen institutionellen Kontext zu entwickeln.

Laufzeit: 
Apr 2015 bis Mär 2018
Kontakt: 

Prof. Dr. Martin Führ, Hochschule Darmstadt