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Veröffentlichungsdatum: 
22.03.2018
Christoph Harrach
Gute Ideen von Mitarbeitenden zu mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen umsetzen – mit diesem Thema hat sich das NaWi-Projekt „IMKoN – Integration von Mitarbeitern als Konsumenten in Nachhaltigkeitsinnovationsprozesse“ befasst. Das Projektteam hat eine bereits bekannte und angewendete Innovationsmethode, das Design Thinking, in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickelt, spezifiziert und erprobt. Projekt-Mitarbeiter Christoph Harrach von der Technischen Universität Berlin berichtet im Interview, wie dabei die Erfahrungen waren – und wann Unternehmen vom Einsatz des Design Thinking für Nachhaltigkeit profitieren können.

Frage: Die eigenen Mitarbeitenden dazu motivieren, Nachhaltigkeitsinnovationen für die eigene Firma zu entwickeln – das klappt vermutlich nicht in jedem Unternehmen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, als Sie Workshops bei fünf Ihrer Praxispartner durchführten und den Innovationsprozess weiter begleiteten und auswerteten?

Christoph Harrach: Die Workshops funktionieren besonders gut bei Unternehmen, die einen offenen Innovationsansatz haben. Das heißt, es gibt eine offene, durchlässige und integrierende Kultur, die Mitarbeitenden fühlen sich in ihrer privaten Rolle angesprochen. Hinzu kommen weitere Faktoren, etwa dass Unternehmen bereit sein müssen, die in solchen Innovationsprozessen beteiligten Mitarbeitenden zumindest teilweise von der Arbeit freizustellen, oder eine Fehlerkultur im Unternehmen, das heißt, mit Rückschlägen wird konstruktiv umgegangen.

Haben Sie ein Beispiel für eine gelungene Nachhaltigkeitsinnovation, die aus dem Design Thinking für Nachhaltigkeit hervorgegangen ist?

Im Projekt untersuchten wir zwei Arten nachhaltiger Innovationen: zum einen zur nachhaltigeren Gestaltung des Arbeitsplatzes, zum anderen für Produkte und Dienstleistungen. Bei unserem Partner bio verlag ging es um die Frage, wie eine möglichst ressourcenschonende Übergangslösung zur Behebung eines Platzmangels gefunden werden kann. Die Mitarbeitenden entwickelten gemeinsam mit dem Unternehmen Werkhaus eine Art Cocon, der mitten im Großraumbüro platziert verschiedene Nutzungen – etwa für Besprechungen oder für konzentriertes Arbeiten alleine – bietet. Damit entstand übrigens zugleich eine Produktinnovation, denn Werkhaus will diese Lösung gegebenenfalls auch anderen Kunden anbieten. Bei unserem Projektpartner WALA Heilmittel, die unter anderem die bekannte Kosmetiklinie Dr.Hauschka herstellt, ging es um umweltfreundlichere Verpackungen – die Herausforderung war, dass gleichzeitig das Markenimage ‚Hochwertigkeit‘ nicht unter einer Veränderung leiden durfte. Hier entwickelten die Mitarbeitenden eine neuartige Lösung, um die Umverpackungen zu sparen: Die Tuben und Dosen von Dr.Hauschka werden nun in einem innovativen ‚Regal im Regal‘ schön präsentiert. Ein Prototyp ist bereits im Testbetrieb.

Was sind die wichtigsten Nutzen für Unternehmen, die sich für einen von ihren Mitarbeitenden gestalteten nachhaltigen Innovationsprozess entscheiden?

Besonders deutlich ist der Nutzen für das Nachhaltigkeits- und Innovationsmanagement: Mit dem im Projekt entwickelten iterativen Prozess, in dem stetig analysiert und verbessert wird, lassen sich schnell und strukturiert Lösungen finden. Dies haben uns auch die qualitativen Befragungen bei den an den Workshops teilnehmenden Unternehmen bestätigt, die begeistert und sehr angetan waren. Ein Aspekt unserer Forschung war auch zu eruieren, welche Effekte es hat, wenn sich das Unternehmen darum bemüht, den privaten Menschen einzubinden. Wir konnten feststellen, dass gerade bei Mitarbeitenden mit hoher Nachhaltigkeitsorientierung die – wie wir das nennen – gefühlte Selbstwirksamkeit steigt. Diese Personen entwickeln eine stärkere Bindung an den Arbeitgeber, eine höhere Jobzufriedenheit, und sie setzen sich am Arbeitsplatz stärker ein. Dadurch sparen die Unternehmen letztlich Kosten – weil die Mitarbeitenden länger bleiben und mehr leisten.

Das funktioniert aber nur, wenn der Innovationsprozess erfolgreich abgeschlossen wird?

Richtig. Wenn die mit Begeisterung erarbeiteten Vorschläge nicht umgesetzt werden, sondern der ganze Prozess am Ende im Sande verläuft, kann dies sogar kontraproduktiv sein, weil das auf die Mitarbeitenden frustrierend wirkt. Eine Umsetzung gelingt nur, wenn die Innovationskultur im Unternehmen genug Raum bietet – sonst bleiben die Ideen zu mehr Nachhaltigkeit auf der Strecke.

Foto: Christoph Harrach