Im Rahmen des Projekts Slow Fashion: Gestalterische, technische und ökonomische Innovationen für massenmarkttaugliche nachhaltige Angebote im Bedarfsfeld 'Bekleidung' wurden im Sommer/Herbst 2015 nach sozialen Milieus getrennte Gruppendiskussionen zum Thema 'Kleidungskonsum' durchgeführt. Ziel war es, die Bandbreite der Einstellungen von Verbraucher*innen in Bezug auf Kleidung zu ermitteln. Der Fokus lag dabei auf Faktoren, die hemmend oder fördernd auf einen nachhaltigen Konsum von Oberbekleidung wirken können. Es diskutierten Verbraucher*innen aus den Milieus Gehobene, Kritisch-Kreative, Junge und Bürgerlicher Mainstream. Nicht berücksichtigt wurden die traditionellen sowie die einfachen und prekären Milieus, da davon ausgegangen werden kann, dass in diesen Segmenten aufgrund einer starken Sparsamkeitsorientierung und/ oder eines begrenzten finanziellen Spielraums eine geringe Offenheit für den Kauf nachhaltig produzierter Kleidung besteht. Zudem sind, zumindest in Teilen der traditionellen Milieus, Verhaltensweisen zur Verlängerung der Nutzungsphase von Kleidung verbreitet.
Die Ergebnisse der Fokusgruppen zeigen, dass es gerade in den Milieusegmenten der Jungen und des Bürgerlichen Mainstreams noch große Vorbehalte und sogar Berührungsängste gegenüber öko-fairer Mode gibt. Das Angebot wird als zu klein und als unmodisch wahrgenommen. Insbesondere bei Vertreter*innen der Jungen Milieus besteht die Sorge, damit als "Öko" aufzufallen und belächelt zu werden. Gewünscht wird Kleidung, die zwar umwelt- und sozialverträglich hergestellt ist, aber genauso aussieht wie herkömmliche modische Kleidung.
Eine (gewisse) Bereitschaft, den eigenen Konsum zu hinterfragen und im Sinne von Slow Fashion vielleicht auch einzuschränken, zeigte sich nur bei einzelnen Teilnehmer*innen aus den Kritisch-Kreativen Milieus. Bei Vertreter*innen der Bürgerlichen Mainstream-Milieus schimmerte zwar eine Sehnsucht durch, den eigenen Kleidungskonsum zu entschleunigen und dem Zwang, sich den ständig wechselnden Moden anpassen zu müssen, zu entkommen. Voraussetzung dafür wäre nach Ansicht der Teilnehmer*innen aber, dass der eigene Kleidungsstil dann auch länger soziale Anerkennung erfährt. Bisher stehen für die Teilnehmer*innen aus den Milieus des Bürgerlichen Mainstreams Mode und Langlebigkeit im Widerspruch zueinander. Für die meisten Teilnehmer*innen an den Fokusgruppen kommt eine Einschränkung des eigenen Kleidungskonsums nicht in Frage. Vor allem die Vertreter*innen der Jungen Milieus wollen möglichst viel Kleidung für möglichst wenig Geld erwerben. Zudem genießen viele das Shopping-Erlebnis. Sie sind in einem Alter der persönlichen Entfaltung, und Mode spielt dabei eine zentrale Rolle.
Die Ergebnisse der Fokusgruppenstudie bildeten die Grundlage für einen Artikel, der nun in dem Buch 'CSR und Wirtschaftspsychologie. Psychologische Strategien zur Förderung nachhaltiger Managemententscheidungen und Lebensstile' erschienen ist: http://www.springer.com/de/book/9783662527450
Autorin: Silke Kleinhückelkotten (ECOLOG-Institut gGmbH)