Ausgangssituation und Forschungsfragen
Meeresfischbestände sind ein klassisches Beispiel für eine natürliche Gemeinschaftsressource und die damit verbundenen Herausforderungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung. Die Fischereien in Europa und insbesondere auch die deutschen Ostsee-Fischereien haben das gesellschaftliche Ziel der Nachhaltigkeit bisher verfehlt. Daher besteht dringender Handlungsbedarf, um
- die Fischbestände wieder auf ein nachhaltigeres Niveau aufzubauen,
- die Folgen der Fischerei für die Meeresumwelt zu begrenzen,
- Konsumenten in Deutschland und weltweit nachhaltig mit Fisch zu versorgen, und
- dauerhafte Einkommensquellen für Fischer insbesondere in Küstenregionen mit wenig ökonomischen Alternativen zu erhalten.
Dafür sind innovative Ansätze erforderlich, durch die verschiedene Akteure zu einer nachhaltigeren Nutzung der Meeresfischbestände beitragen können.
KoBeFisch geht von der Hypothese aus, dass die bisherigen Verantwortungsstrukturen in der Fischerei Ursache dafür sind, dass die europäische Fischereipolitik es bis in die jüngste Vergangenheit nicht geschafft hat, die Überfischung wirksam zu verhindern. Im gegenwärtigen Fischereimanagement der Europäischen Union tragen allein staatliche Akteure eine wesentliche Verantwortung für Nachhaltigkeit. So legt der Ministerrat der Europäischen Union zahlreiche Regulierungen für die Fischerei und insbesondere Fangquoten fest. Fischer und Fischkonsumenten hingegen haben praktisch kaum eine Möglichkeit, Fangmengen und damit die Bewirtschaftung der Bestände in Richtung von mehr Nachhaltigkeit zu beeinflussen.
In KoBeFisch werden Alternativen untersucht und neu entwickelt, wie staatliche und nicht-staatliche Akteure gemeinsam mehr Verantwortung für Nachhaltigkeit tragen können. Im Mittelpunkt der Analyse stehen dabei – neben den staatlichen Akteuren auf verschiedenen Ebenen – die Konsumenten von Fisch und die Fischer, insbesondere die handwerklichen Küstenfischer.
KoBeFisch untersucht die folgenden, aufeinander bezogenen Fragen:
- Welche Möglichkeiten und Grenzen bestehen für Konsumenten, Fisch nachhaltiger zu nutzen?
- Welche Möglichkeiten und Grenzen haben einzelne Fischer oder Fischereigenossenschaften, zu nachhaltiger Bewirtschaftung mariner Ressourcen beizutragen?
- Welche Möglichkeiten und Grenzen haben politische und staatliche Akteure auf europäischer, Bundesund Länderebene, auf eine nachhaltigere Nutzung mariner Ressourcen hinzuwirken?
- Welche Rückkopplungen gibt es zwischen den Handlungen von Konsumenten, Fischern und staatlichen Akteuren auf verschiedenen räumlichen und zeitlichen Skalen?
Projektziele und zu erwartende Ergebnisse
In Bezug auf diese Fragen verfolgt das Projekt KoBe- Fisch Ziele auf drei Ebenen:
- Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn: Wir zielen auf grundsätzliche Einsichten, die sich auf Fragen nachhaltiger Fischereiwirtschaft in anderen Zusammenhängen übertragen lassen.
- Politische Handlungsoptionen auf europäischer, Bundes- und Länderebene: Wir zielen darauf, Maßnahmen der Fischereipolitik im Hinblick auf ökologische Konsequenzen und ihre kurz- und langfristigen Verteilungswirkungen hin zu evaluieren, um auf dieser Basis konkrete Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Insbesondere sollen Vorschläge für die Setzung neuer politischer und institutioneller Rahmenbedingungen erarbeitet werden, durch die privatwirtschaftliche Akteure (z. B. Konsumenten oder Fischer) mehr Verantwortung für die nachhaltige Nutzung von Fischbeständen übernehmen können.
- Einzelwirtschaftliche Empfehlungen: Wir zielen auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die es Fischereigenossenschaften und der Fischvermarktung in Deutschland ermöglichen, die Konsumentennachfrage nach nachhaltigem Fisch besser zu bedienen.
Prof. Dr. Martin Quaas, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Volkswirtschaftslehre