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Veröffentlichungsdatum: 
19.05.2017
Foto des RegioTrans-Team (von li. nach re.) beim Workshop zur Nachhaltigkeitskommunikation in Unternehmen am 5.5 2017

RegioTrans-Team (von li. nach re.) beim Workshop zur Nachhaltigkeitskommunikation in Unternehmen am 5.5 2017 in Steinfurt: vorne Dr. Chantal Ruppert-Winkel (Uni Freiburg), Ulrich Ahlke (Leiter des Amts für Klimaschutz und Nachhaltigkeit des Kreis Steinfurt, AKN), hinten: Ursula Wermelt (AKN), Simon Funcke (Uni Freiburg), Christoph Brunn (Öko-Institut), Katharina Papke (Uni Freiburg), Madeleine Böhm (Uni Freiburg)

(c) Amt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Kreis Steinfurt

Wie können Unternehmen auf regionaler Ebene nachhaltiger wirtschaften? Um diese Frage geht es im NaWi-Projekt RegioTrans KMU, das eine Gruppe von Unternehmen im Kreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen unter die Lupe nimmt. Die Projektkoordinatorin Dr. Chantal Ruppert-Winkel berichtet im Interview von aktuellen Befragungsergebnissen.

Frage: Sie haben zwei Befragungen im Kreis Steinfurt durchgeführt, bei denen es um das soziale und ökologische Engagement regional ansässiger Unternehmen geht. Unter anderem haben Sie Mitarbeitende ausgewählter Betriebe, die sich im Netzwerk energieland 2050 engagieren, gefragt, wie stark sich ihrer Wahrnehmung nach das jeweilige Unternehmen ökologisch engagiert. In allen Belangen – abgesehen von der Bereitstellung von Fahrradstellplätzen – lag das „gefühlte“ Engagement deutlich unter dem, was die Mitarbeitenden als angemessen erachteten. Spielt Nachhaltigkeit tatsächliche eine noch zu geringe Rolle in den Unternehmen – trotz des Ziels, sich stärker für den Klimaschutz einzusetzen, das sich die Unternehmen selbst gegeben haben?

Dr. Chantal Ruppert-Winkel:

Wie Sie richtig fragen, ging es bei um die Wahrnehmung der Mitarbeiter_innen von Nachhaltigkeitsaktivitäten in ihren Unternehmen, nicht um die tatsächlich umgesetzten Aktivitäten. Aktivitäten, die die Menschen direkt betreffen, wie die Bereitstellung von Fahrradstellplätzen, werden häufig höher gewertet als Maßnahmen, die abstraktere Ziele betreffen wie Klimaschutz, z.B. der Einsatz von Erneuerbaren Energien im Unternehmen. Das gilt nicht nur für Steinfurt, sondern allgemein. Daher lässt sich daraus kein Rückschluss darauf ziehen, ob das Thema Nachhaltigkeit/ Klimaschutz in den Unternehmen insgesamt keine große Rolle spielt.

Der Kreis Steinfurt hat im Bereich Klimaschutz bereits sehr viel erreicht und viele der Unternehmen dort setzen sich für den Klimaschutz ein. Die Ergebnisse unserer Befragungen geben uns eher einen Hinweis darauf, dass die Kommunikation der Unternehmen zu dem, was sie im Bereich Nachhaltigkeit machen, große Verbesserungspotenziale hat. Das betrifft insbesondere kleine und mittlere Unternehmen.

Frage: Bei der zweiten Studie ging es darum herauszufinden, welche Bedeutung soziales und ökologisches Engagement regional ansässiger Unternehmen für die im Kreis lebenden Menschen hat. Welches Ergebnis fanden Sie besonders spannend?

Dr. Chantal Ruppert-Winkel:

Nur weniger als ein Fünftel der Befragten fühlten sich gut über das soziale und ökologische Engagement von Unternehmen aus der Region informiert. Gleichzeitig äußerten jedoch vier von fünf Befragten, sich prinzipiell für derlei Informationen zu interessieren – auch wenn rund die Hälfte dieser Personen ihr Interesse von einer bestimmten Produkt- oder Dienstleistungskategorie abhängig macht. Dennoch ist hierin ein großes Potenzial für die Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen erkennbar.

Interessant finden wir auch, was die Bürger_innen eigentlich unter sozialem und ökologischem Engagement verstehen. Als soziales Engagement von Unternehmen fassen die Befragten sowohl Spendenaktivitäten und Unterstützungsaktionen zugunsten von ehrenamtlichen Initiativen oder Vereinen als auch Angebote für Mitarbeiter/-innen der Unternehmen auf.

Frage: Zum Beispiel?

Dr. Chantal Ruppert-Winkel:

Etwa in der Gesundheitsförderung, zum Beispiel Sportangebote, oder bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, also etwa flexible Arbeitsmodelle und Kitas. Im Vergleich hierzu wurden im Bereich des ökologischen Engagements eher weniger Aktivitäten im Externen, z.B. Ausgleichsmaßnahmen wie Baumpflanzungen, sondern eher Maßnahmen im Internen wie z.B. der Einsatz erneuerbarer Energien genannt. Daneben gab es eine kleinere Anzahl an Äußerungen, in denen einzelne Unternehmen wie etwa Stadtwerke oder Volks- und Raiffeisenbanken oder Branchen wie die ökologische Landwirtschaft fokussiert werden. Ihnen wird offenbar zugeschrieben, eine besonders soziale oder ökologische Gesamtausrichtung zu besitzen. Insgesamt haben allerdings nur rund die Hälfte der interviewten Personen diese Fragen beantwortet. Deswegen vermuten wir, dass viele Menschen mit sozialem bzw. ökologischem Engagement von Unternehmen wenig verbinden können.

Frage: Soziale und ökologische Innovationen sind auch Thema in vielen anderen Nawiko-Projekten. Welche Einsichten haben Sie aus den Befragungen gewonnen, die auch anderen Nawiko-Projekten nützlich sein könnten?

Dr. Chantal Ruppert-Winkel:

Wir glauben, dass die Verbesserung von Nachhaltigkeitskommunikation in Unternehmen, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen, viele Potenzial birgt, um das Thema und seine Wahrnehmung in die Breite zu tragen und Ansatzpunkte die Wertschätzung solcher Aktivitäten zu stärken. Ein wichtiges Ziel muss hierbei sein, die Thematik so zu kommunizieren, dass sie an Abstraktheit verliert.

Soziale und ökologische Innovationen, die nahe an den Menschen sind, d.h. Dinge, die sie direkt betreffen, die sie beeinflussen können, bieten gute Ansatzpunkte, um wahrgenommen, diskutiert und gegebenenfalls verbreitet zu werden. Die Befragungen zeigen, dass für die Menschen konkrete soziale und ökologische Unternehmensaktivitäten und deren Kommunikation wichtig sind und sie auch interessante Vorstellungen davon haben. Wenn die Menschen mitgenommen werden, scheint dies auch das Thema Nachhaltigkeit voranzubringen. Das gilt auch für die Nachhaltigkeitskommunikationen, d.h. Bürger_innen oder bestimmte Stakeholdergruppen sollten nicht nur als Zielgruppe der Kommunikation betrachtet werden, sondern aktiv eingebunden werden.